Nach § 35a SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn:
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht
und
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Wenn beide Bedingungen kausal erfüllt sind, liegt eine (drohende) seelische Behinderung vor.
Für die Bearbeitung des Antrages werden folge Unterlagen benötigt:
· vollständig ausgefüllter und unterschriebener Formantrag von den Sorgerechtsinhaber*innen
· Geburtsurkunde und Sorgerechtsnachweis
· ausgefüllte und unterschriebene Entbindung von der Schweigepflicht
· fachliche Stellungnahme nach §35a SGB VIII, die nicht älter als ein Jahr sein darf
(Diagnosen nach ICD 10, inklusive IQ Testung und Aussage über das Vorliegen oder den Ausschluss einer körperlichen Behinderung)
· Schulzeugnisse der letzten 2 Jahre (bei schulischen Hilfen)
Der Antrag auf Eingliederungshilfe kann im Jugendamt gestellt werden. Das Antragsformular erhalten Sie durch die entsprechende Fachkraft der Eingliederungshilfe. Der Antrag kann auch formlos gestellt werden.
Der Antrag wie auch die beiliegende Schweigepflichtentbindung sind generell von den Sorgerechtsinhaber*innen zu unterschreiben, auch bei getrenntlebenden bzw. geschiedenen Eltern. Bei Pflegeeltern / Vormündern muss eine Kopie der Bestallungsurkunde über den Wirkungskreis Ihrer Pflegschaft / Vormundschaft vorgelegt werden.
Nach der Vollendung des 15. Lebensjahres kann der Antrag durch den Jugendlichen gestellt werden (§ 36 SGB I), es sei denn der gesetzliche Vertreter schränkt die Handlungsfähigkeit ein. Bei stationären Hilfen ist das Einverständnis der Personensorgeberechtigten prinzipiell notwendig.
Bei Beantragung von Hilfen für junge Volljährige nach §41 SGB VIII in Verbindung mit §35a SGB VIII ist die volljährige Person antragsberechtigt.
Inhalte der fachlichen Stellungnahme sind gemäß § 35a Absatz 1 SGB VIII
Die Feststellung der Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand:
- Diagnose auf der Grundlage der ICD-10,
- Feststellung der Abweichung des seelischen Gesundheitszustandes mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate
- Darlegung, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht.
Darüber hinaus sollte die Stellungnahme auch folgende Angaben beinhalten:
- Angewandte Untersuchungs- und Testverfahren
- Angaben zur Intelligenz/ IQ Testung nach HAWIK IV / WISC IV / WAIS IV (Volljährige)
- Angaben zu körperlichen Erkrankungen/ Behinderungen,
- Einordnung des Krankheitsbildes (seelische Störung, geistige Behinderung, körperliche Erkrankung/Behinderung, Mehrfachbeeinträchtigung),
- Bisherige Behandlung und Ergebnisse,
- Therapieempfehlung aus medizinischer Sicht,
- Prognose zur weiteren Entwicklung (im Hinblick auf das Störungsbild),
- Einschätzung, ob es sich um ein jugendtypisches oder chronifiziertes Störungsbild mit einem dauerhaften Hilfebedarf handelt
(insbesondere bei jungen Volljährigen),
- Benennung und Qualifikation der Stellung nehmenden Person.